Nur
in der Gegenwart ist Jesus für uns lebendig! Das stimmt, wenn wir unsere
Bindung an die Zeit beachten. Markus 2, 1-12 ist auch nur dann lebendig, wenn
es auf die Gegenwart übertragen werden kann. Die von mir angebotene Übersetzung
bitte ich zu lesen. Johannes 20, 21-23 ist zum Verständnis wichtig und deshalb
die Erörterung an dieser Stelle.
Zunächst
gebe ich den Text in der Übersetzung nach Luther wieder (Revision 1984):
21. Da
sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater
gesandt hat, so sende ich euch.
22. Und als
er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den
Heiligen Geist!
23.
Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr
sie behaltet, denen sind sie behalten.
Die Übersetzung ist sehr verbreitet
und ich benutze sie selber oft. Wie stark eine Übersetzung prägt, möchte ich in
einer Anmerkung zu Vers 22 verdeutlichen: „Nehmt hin den Heiligen Geist!“ Es
klingt ein wenig, als würde Jesus seine Jünger mit dem Geist überschütten, ohne
dass sie gefragt werden. Das griechische Wort, das dem „hinnehmen“ zugrunde
liegt, wird an vielen anderen Stellen mit „empfangen“ übersetzt. Und das ist
immer noch zu passiv. Die Grundbedeutung des Wortes ist „ergreifen“. Es wird
eine völlig andere Vorstellung vermittelt, wenn Jesus seine Jünger auffordert,
den „Geist zu ergreifen“. Es ist ein aktives Geschehen und dieser kleine
Unterschied ist wichtig. Auch von den Jüngern war es gefordert, mit Glauben
ihren Weg zu gehen.
Nun
folgt die Umschreibung des Inhaltes, wobei die Benutzung der Verse in der
Gegenwart berücksichtigt ist:
In
Vers 21 sagt der auferstandene Jesus zu seinen Jüngern, dass er sie aussendet,
wie er von seinem Vater ausgesandt worden ist. Wer sich zu Mission berufen
weiß, eignet sich diesen Vers an. Wer eine Aufgabe annimmt, die ihn von der
Unterstützung durch eine Gemeinde abhängig macht, wird ihr sagen, dass er von
Gott geschickt wurde.
In
Vers 22 ist beschrieben, dass er die Jünger anhaucht und sie den Geist
empfangen. Das ist ein ähnliches Geschehen, wie es sich bei der Wassertaufe
Jesu durch Johannes am Jordan ereignete. Der Geist kam auf ihn in der Gestalt
einer Taube. Jesus bekam den Geist von seinem Vater geschickt. Jesus vermittelt
nun den Geist seinen Jüngern. Es gibt wohl kaum eine Gemeinde in der Gegenwart,
die nicht den Geistbesitz für ihre Mitglieder in irgendeiner Form beansprucht.
Vers
23 spricht das Recht auf Vergebung der Sünde den Jüngern zu. Das ist genau das,
was Jesus in Markus 2, 5 gegenüber dem Gelähmten tut: Er spricht ihn frei von
der Sünde. Es wird in unseren Landeskirchen mit zeitlicher Regelmäßigkeit allen
Besuchern des Gottesdienstes die Vergebung der Sünden zugesagt. In irgendeiner
Form behauptet jede Kirche, das Recht zu haben, Sünden zu vergeben.
Bis
jetzt bereitet es keine Probleme, Markus 2 auf die Gegenwart zu übertragen.
Doch
bei Markus 2, 10 wird die Übertragung auf die Gegenwart schlagartig schwierig,
weshalb ich das Evangelium nach Johannes zum Vergleich herangezogen habe. Jesus
hat während seinem irdischen Wirken geheilt. Wenn man das abstreitet, würde
schon unser Text in Markus 2 nicht ausgelegt, sondern bestritten. Aus der
Apostelgeschichte ist bekannt, dass die Jünger heilten. Auch ein Petrus hätte
sagen können, dass man seine Vollmacht zur Vergebung von Sünde daran erkennen
kann, dass Leute gesund werden.
Mein
Schluss aus der Kombination von Markus 2 und Johannes 20: Wer nicht heilen
kann, kann auch keine Sünden vergeben. Diese Folgerung ist sehr einfach und
hart, aber für die unter uns, die sich in der Nachfolge Jesu sehen, verstehe
ich es als Ermutigung, den Blick nach vorne zu richten und mit voller
Entschlossenheit von dem Kraft zu erwarten, der sie geben kann. Jesus baut sein
Reich, wenn es ihm zugetraut wird.